Wird Retargeting/Remarketing sterben?
Safari hat neu einen vorinstallieren Content Blocker
Der vorinstallierte Content Blocker in Safar/Mac (ab macOS High Sierra) schützt die Privatsphäre der Benutzer und beschleunigt das Internet. Das Benutzererlebnis wird enorm verbessert, aber… Werden somit auch Besucher-Analysen und Remarketing (Werbung, die den User verfolgt) schwieriger? Viele fragen sich, ob das jetzt für die Marketingabteilung grosse Auswirkungen haben wird.
Schauen wir dazu mal in die Vergangenheit!
Zuerst brauchten wir Popup-Blocker
Erinnerst du dich? Websites konnten früher mehrere neuen Fenster öffnen und sogar die Grösse des bestehenden Fensters ändern. Somit wurden Websites zu Vollbild-Fenstern, ohne dass man wollte. Irgendwo im Hintergrund lief noch ein Video und man konnte es kaum finden… Der Rechtsklick wurde unterdrückt, damit keine Bilder gespeichert werden konnten, der Mauszeiger wurde „beschlagnahmt“ und daraus plötzlich war es nicht mehr ein Zeiger, sondern ein kleiner Alien, der über den Bildschirm lief. Die Marketing-Leute sind zu weit gegangen.
Waren das nicht gute Zeiten? Nicht wirklich. Die Lösungen liessen nicht lange auf sich warten. Wir bekamen Popup-Blocker und Einstellungen in unseren Browsern, die verhinderten, dass Websites uns eine schwere Zeit machen konnten… und weg waren die Popups.
0:1 gegen die Marketing-Menschen.
Liebe Marketing-Leute: Vergesst diese Story bitte nicht: Ihr seid zu weit gegangen, das Volk hat sich gewehrt und ihr habt verloren.
Plötzlich waren E-Mail-Spamfilter nötig
Bei E-Mail ging es auch mal drunter und drüber. Spam füllte jede Mailbox.
Grosse Erleichterung war festzustellen, als unsere Mailprogramme plötzlich Spamfilter mitlieferten. Die Marketing-Leute sind zu weit gegangen. E-Mail-Spam war zu einem grossen Problem geworden und die Spamfilter brachten die Antwort: Heute existiert Spam zwar noch, aber es ist kein wirkliches Problem — dank Spamfiltern.
Aus der Marketing-Abteilung war ein lautes Fluchen zu hören.
Liebe Marketing-Leute: Nochmals. Wenn ihr nachhaltig Werbung machen wollt, dann darf es nicht zu mühsam sein. Die Leute wissen sich zu helfen und werden das tun.
Später kamen die Adblocker
Wir surften im Internet, der Content war gratis. Finanziert durch Werbung. Die Werbung war oft lästig und hat extrem abgelenkt. Videos wurden unterbrochen und wir mussten lästige Sekunden auf eine Werbung warten.
Schon länger waren Werbepausen in TV-Spielfilmen. Da ist man einfach aufgestanden (bevor man ein Smartphone hatte) und hat etwas anderes gemacht. Rückblickend war das aber eine angenehme Art von Werbung — mindestens im Vergleich. Ich habe schon entschieden, dass ich den Film schauen will. Wenn ich dazwischen eine kurze WC-Pause habe, dann ist das auszuhalten.
Bei Youtube will ich vielleicht ein Video schauen, das 20 Sekunden lang ist. Ehrlich gesagt, bin ich oft nicht mal sicher, dass ich es sehen will. Und doch muss ich manchmal 15 Sekunden warten. Nicht gerade ein toller Moment.
Websites zeigten auch so viel Werbung, wie man nur Fläche freischaufeln konnte. Schnell wurde klar, welche Firmen sich nur über meinen Website-Besuch freuen, weil ich die Werbung sehe, und bei welchen Websites es wirklich um den Inhalt ging.
Viele Benutzer haben nicht einmal gemerkt, dass Websites wegen dieser Werbung zum Teil über 5x länger brauchten, um überhaupt geladen zu werden. Die Marketing-Leute sind zu weit gegangen und es kamen die Werbeblocker.
Grosse Erleichterung und schnelleres Internet. Verdutzten Marketing-Menschen kamen aber die Tränen.
Liebe Marketing-Leute: Ihr müsst es menschenfreundlicher machen. Ablenkende Ads neben dem Content ist nicht der Weg. Ihr hattet Zeit genug, habt es aber vermasselt.
Dann kamen die Popups zurück — und gingen wieder weg
E-Mail-Marketing, Lead Generation, ROI 1:43, …!
Plötzlich waren die Popups wieder da! Technisch anders aufgebaut, aber sie kamen zurück.
Das ist somit auch die Antwort, wie viel die Marketing-Experten dazu gelernt haben.
Popup-Fenster sprangen uns ins Gesicht, während wir den Content der Website lesen wollten. Manchmal sofort, manchmal nach dem Scrollen, manchmal nach einer gewissen Zeit. Auf mobilen Geräten konnte man die lästigen Popups zum Teil nicht mal weg klicken, weil das „X“ neben dem Bildschirm lag.
„Es funktioniert“, haben die weniger versierten Marketeers gesagt. Die Anzahl Abonnenten, also die Conversion Rate nimmt zu! Ok, der Frust der anderen nahm auch zu.
Google hat begonnen, diese Popups zu stoppen. Die Marketing-Leute sind zu weit gegangen.
Liebe Marketing-Leute: Statt jetzt zu debattieren, welche Popups erlaubt sind und welche nicht… Merkt ihr es wirklich nicht? Ihr müsst mit Lösungen kommen, die das Benutzererlebnis nicht verschlechtern.
Heute blockt man auch Tracker
Tracker beobachten unser Verhalten im Web. Das muss nicht grundsätzlich falsch sein. Die Marketing-Leute sind aber wieder zu weit gegangen. Sie haben begonnen so viel Benutzer-Verhalten an andere Firmen zu verkaufen, dass sich viele Internet-Nutzer verfolgt fühlen. Websites laden zum Teil 8x langsamer als ohne diese Tracker.
Die Infos über unser Besucherverhalten werden an andere Firmen verkauft — ohne, dass wir gefragt wurden oder etwas als Gegenleistung erhielten. Fair? Und, die gleichen Firmen wurden gehackt oder offiziell erpresst und unsere Infos gingen raus.
Es ist doch kein Problem, so verfolgt zu werden
Wenn jemand sich verfolgt fühlt, dann fühlt sich diese Person eben verfolgt. Es spielt keine Rolle, ob diese Person wirklich verfolgt wird.
Beim Absatz oben kannst du auch das Wort „verfolgt“ mit „manipuliert“ ersetzen.
Du willst mir wiederholt die gleichen Produkte auf verschiedenen Websites anpreisen und mich zum Kauf manipulieren? Das stelle ich lieber ab. Als Kunde werde ich nicht gerne zum Kauf überredet.
Wenn ich 6 oder 7 Mal dein Produkt sehen muss, um es kaufen zu wollen, dann will ich es vielleicht einfach nicht. Ausserdem habe ich sehr selten bereut, etwas nicht gekauft zu haben.
Liebe Marketing-Leute: Wenn ihr etwas macht, das andere Menschen ärgert, dann wird das gestoppt. Bietet etwas an, das die Leute auch wirklich wollen. Dann müsst ihr es ihnen nicht 7 Mal zeigen.
Jeder hat das Recht auf Privatsphäre
Ja, auch Unschuldige dürfen eine Privatsphäre haben.
Es geht niemanden etwas an, was hinter den Vorhängen passiert, wie es unter den Kleidern aussieht, was in Gesprächen unter 4 Augen gesagt wird und welche Websites ich besuche.
Ist das so schwierig zu verstehen? Menschen wollen eine Privatsphäre — auch wenn sie nichts verbrochen haben.
Der Anteil an Nutzern von Adblockern und Tracker-Blocker hat enorm zugenommen. Wenn etwas zu mühsam wird oder die Privatsphäre verletzt wird, sucht man nach Lösungen.
Wenn wir die User genug stören mit Spam, Popups, unangenehmen Ads, Trackern, ungeschicktem oder respektlosem Retargeting, … dann werden sich die User wehren: Spamschutz, Adblocker, Tracker-Blocker, …
Blocken von Trackern ist standard beim neuen Safari/Mac
Wird das etwas ändern?
Ich glaube, dass die neue Einstellung in Safari bei macOS High Sierra nicht super-relevant ist — kurzfristig. Der Marktanteil von Safari/Desktop ist zu klein. Die Frage ist, was machen die anderen Browser (Chrome und FF haben einen viel grösseren Marktanteil) und was sind die Lösungen von Drittanbietern (Browsererweiterungen)?
Wenn Browser wie Google Chrome und Mozilla Firefox ebenfalls standardmässig einen Content Blocker aktivieren, dann fällt das wirklich ins Gewicht…
Wenn Grund genug da ist, wechseln Leute zu anderen Browsern. Das kennen wir aus der Vergangenheit:
- Der Internet Explorer wurde nicht besser, während andere Browser grosse Fortschritte machten — viele haben zu Firefox gewechselt
- Firefox war langsam und Google Chrome war dann schneller — viele haben gewechselt
Menschen sind bereit, den Browser zu wechseln, wenn sie einen Grund dazu haben. Vielen ist es sehr egal, welchen Browser sie nutzen. Solange alles ok ist.
- Safari hat mir gegenüber Google Chrome auf einem sehr alten MacBook Air über eine Stunde mehr Batterie-Zeit gegeben.
- Viele Web-Leute sind von Google Chrome weg, weil sie sich erinnern, welche negativen Auswirkungen ein zu grosser Marktanteil eines Browserherstellers auf das Internet haben kann.
- Wenn Ländersperren und Schnüffeleien zu mühsam werden, wechseln die User zum Tor Browser und staunen, dass sie nichts neues dazu lernen müssen…
User bleiben nicht für immer beim gleichen Browser
Also, Menschen wechseln den bevorzugten Browser, wenn ein Grund da ist.
Der Schutz der Privatsphäre wird sicher weiter zunehmen, genau wie das Interesse daran von Seiten User. Und natürlich wollen wir alle, das Internet möglich ungestört nutzen können.
Was wird also die Zukunft bringen?
Werden Remarketing und Google Analytics verschwinden?
Möglich. Auf jeden Fall werden viele für den Schutz der Privatsphäre kämpfen. Ich begegne vielen Menschen, die sich Sorgen machen um die Sicherheit und die eigene Privatsphäre. Siehst du nicht auch sehr häufig zugeklebte Webcams auf Laptop-Deckeln?
Was tun?
Tipps für Marketing-Profis
- Wenn du Tools wie Spamfilter, Popup- und andere Blocker analysierst, um daran vorbei zu schleichen, dann machst du es falsch.
- Du musst ein Angebot haben, das Leute wirklich wollen.
- Dein Angebot muss ohne Manipulation verkauft werden können.
- Messe neben der Conversion Rate auch die Beziehung von Nicht-Konvertierenden zu deiner Firma: Kommen sie dir näher oder stösst du sie weiter weg?
- Das wertvollste Marketing-Werkzeug wird immer funktionieren: Das beste Produkt zu haben.
Was tun?
Tipps für Benutzer
- Wenn du Mac-User bist, nutze Safari als Haupt-Browser
- Wenn du Windows- oder Linux User bist, nutze Firefox als Hauptbrowser
- Installiere Ghostery (Tracker blocken) und Adblock (ausser dein Browser hat sowas schon installiert)
- Kaufe nie Produkte aus Spam-Mails oder unaufgeforderten Newslettern
- Melde dich nicht für E-Mails an, wenn in Popups danach gefragt wird
- Wenn du E-Books gegen E-Mailadressen tauschst, nutze eine Wegwerf-E-Mail-Adresse
- Wenn du Software (wie WordPress-Themes oder -Plugins) kostenlos nutzt, überlege dir, dem Entwickler eine Spende (von mehr als USD 5.00) zu machen.
Warum ich nicht Google Chrome empfehle
Es ist ganz einfach dem Internet zuliebe: Es ist für das Web besser, wenn kein Browserhersteller den ganzen Markt für sich hat. Egal wie der Hersteller heisst.
Kurs-Tipp: Facebook für Unternehmen
Facebook bietet Unternehmen sehr gute Werbemöglichkeiten an. Viele Unternehmen kennen das Potential noch nicht – konkret für ihre eigene Situation.
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