Judith Steiner, stell dir vor…
Mittlerweile sind wir bei Walter lernt neun Kursleiter, Fragen sind es weiterhin nur sieben. Heute beantwortet Judith Steiner, TV-Journalistin, Autorin, Produzentin und Moderatorin von Joody.tv die „stell dir vor“-Fragen.
Judith, stell dir vor…
…du wirst von einem Reisebüro angefragt, einen kurzen Film über ein Reisehighlight zu machen? Was zeigt der Film?
Reisehighlight kommt immer ganz auf die Perspektive an. Für mich kein Höhepunkt, aber für die Zuhörer eine spannende Geschichte ist, als wir in Vietnam in einem Hinterhof landeten und Kobrablut tranken. Aber an dieser Geschichte wären wohl die wenigsten Reisebüros interessiert, da die Story mit einer Flucht auf einem Motorrad-Taxi endet. Also drehen wir einen Film über Haschid und seine Rikscha. Er zeigt uns Mandalay im wunderschönen Burma. Er kennt jedes Hintergässchen und hat viele Geschichten zu erzählen. Da Burma als Reiseland boomt, würde diese Geschichte in der Tourismusbranche wohl besser ankommen.
… als Weihnachtsgeschenk für euren Sohn machst du ihm einen Film. Wie sähe der aus?
Mein 3-jähriger Sohn Cadon liebt es, die Fotos und Videos auf meinem iPhone zu durchstöbern. Dort sucht er die Clips, welche schöne Erinnerungen in ihm wecken. Mein
Geschenk an Cadon wäre ein Zusammenschnitt, all dieser Erinnerungen, dazu würde ich seine Freunde und nächsten Verwandten interviewen und sie bitten, dass sie was Nettes zu Cadon sagen. Ein paar Go Pro Aufnahmen in einem schnellen Ferrari würden dem Film noch etwas Drive verleihen. Cadon müsste natürlich bei den Aufnahmen dabei sein.
… YouTube verleiht einen Oscar an den besten YouTube Beitrag und du darfst dafür drei Filme nominieren. Welche drei wären das?
Ich schaue auf YouTube vor allem Tutorials und lerne dabei sehr viel. Filmisch sind es aber keine Meisterwerke. Die finde ich eher auf der Videoplattform Vimeo. Spontan würde ich ein Video nominieren, welches mich sehr berührt hat: http://youtu.be/Hzgzim5m7oU
… die lokale Spielgruppe fragt dich, ob du den Vierjährigen beibringen könntest, wie man Filme macht. Wie machst du das?
Ich würde mit ihnen gleich einen Film drehen. Ich schnalle ihnen eine GoPro auf den Kopf und lasse sie spielen. Die Kamerakinder werden mit ungewohnten Bildperspektiven zurück kommen. Welche Kameraleute robben schon auf dem Bauch unter Tischen und Stühlen durch oder klettern auf Steinen herum? Weiter würde ich mit den Kindern noch Interviews führen. Die Kinder in diesem Alter möchten immer am liebsten gleichzeitig auf den Display schauen, was für die klassische Interviewsituation schwierig ist. Drehe ich jedoch den Display um 180 Grad, können die Vierjährigen gleichzeitig die Aufnahme sehen und vor der Kamera stehen. Ihr eigenes Bild weckt den Entertainer in ihnen. Ich stelle ein paar Fragen und lasse sie über ihre Welt philosophieren. Der Film bekommt so Unterhaltungswert und den Jö-Effekt.
… du filmst eine fünfköpfige Frauengruppe und alle reden wild aufeinander ein. Wie schaffst du es, einen Film zu machen, bei dem man versteht, um was es geht?
Ich würde Ihnen eine Moderatorin vor die Nase setzen, die wäre dafür zuständig, dass nicht alle durcheinander reden 🙂
… du hättest unlimitierte Möglichkeiten und Ressourcen um eine neue Erfindung im Bereich des Filmens zu machen. Was würdest du erfinden wollen?
Mein Projekt wäre im Moment ganz bescheiden. Ich würde gerne ein Filmequipment für den Hobbyfilmer kreieren. Man bringt das heute fast nicht zusammen. Wenn ich Schulungen gebe, werde ich oft gefragt, welche Handycams ich empfehle (Budgetbereich zwischen 500 und 1000 Franken). Meine Kriterien: Mikrofonbuchse für externe Mikrofone, da fallen sehr viele Kameras bereits durch. Möglichkeit, den Fokus manuell zu fixieren. Kriterium Nummer zwei erfüllen nur noch ganz wenige Kameras. Die Kamerahersteller werben mit guten Farben und immer besserer Bildqualität, Fokusring und externe Mikrofonbuchse würden aber oft mehr zu einem professionellerem Film beitragen.
Diese Kameras im Low-Budget-Bereich sind mit Mikrofonbuchsen für 3,5 mm Klinkenstecker ausgerüstet. Ich kann die Kameras bei verschiedenen Elektronikgeschäften bestellen, ein passendes Handmikrofon ist in der Schweiz aber kaum zu finden. Das Equipment hätte noch ein passendes Stativ im Köcher. Meine Kursbesucher lernen, dass sie Interviews auf Augenhöhe aufnehmen müssen. Praktisch alle günstigen Videostative sind nur 1,40 Meter hoch. Da krieg ich von einem 2 Meter Hühne gerade mal den Bauchnabel vor die Linse. Im Profibereich gibt es hohe Stative. Aber wer will für ein Stativ gleich viel Geld ausgeben wie für die Kamera? Profistative kosten nicht wegen ihrer Grösse mehr, sondern wegen den teuren Fluidköpfen.
… und nun kommt auch bei dir noch der Höhlenmensch vorbei. Wie erklärst du ihm, was Filme sind?
„Lieber Höhlenmensch, schliesse die Augen und stelle Dir den schönsten Tag Deines Lebens vor. Jetzt siehst Du vor Deinem inneren Auge diesen Tag nochmals. Wir sagen dem „Kino im Kopf“. Kino ist ein Ort, wo Filme gezeigt werden. Euer Medizinmann schaut den Film in Deinem Kopf gleich mit und sammelt die schönsten Bilder und emotionalsten Momente. Die gesammelten Erinnerungen setzt er neu zusammen. Der gekürzte und verdichtete Film kann er in Eurer Höhle auf die Felswand zaubern. Deine Familie kann die Bilder nun auch sehen. So wird aus dem Kino im Kopf ein Kino in der Höhle und ihr könnt den Film gemeinsam anschauen.“
In der Serie “7 Fragen an die Kursleiter” sind folgende Interviews erschienen: